Blick zurück und nach vorne
Die eigene Lebensbilanz schreiben im Sinne der Logotherapie

Unsere Lebensgeschichte hat eine tiefgreifende Auswirkung auf unsere Persönlichkeitsentwicklung. Die bisher angewandten Lebensstrategien, Verhaltens- und Deutungsmuster und sogar die noch nicht umgesetzten
Lebenspläne können dazu beitragen, die persönliche Entwicklung voranzutreiben oder zu bremsen. Eine sinnzentrierte Autobiografie ermöglicht es, nicht nur uns selbst besser zu verstehen, sondern uns mit dem bisherigen Sinn in unserem Leben auseinandersetzen.
In einer Gesellschaft mit vielfältigen Lebensentwürfen ist das Bedürfnis, sich besser kennenzulernen und die eigene Lebensgeschichte zu reflektieren, besonders groß. Das Schreiben einer Autobiographie in logotherapeutischer Perspektive ermöglicht es uns, unsere Erfahrungen aus einer neuen Perspektive zu betrachten und daraus wertvolle Erkenntnisse für unseren weiteren Weg zu gewinnen. Selbstreflexion ermöglicht es uns, unsere Werte und Überzeugungen genauer zu betrachten und zu verstehen, wie sie unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Das Aufschreiben spielt dabei eine zentrale Rolle, denn es hilft uns dabei, unsere Erinnerungen, Gedanken und Gefühle festzuhalten und zu strukturieren. Durch das Verfassen unserer eigenen Geschichte können wir uns bewusst mit den Werten und Überzeugungen auseinandersetzen, die unserem Leben einen Sinn geben. Was waren die Sinnanrufe in den verschiedenen Lebensabschnitten? Haben wir sie hören und entsprechende Entscheidungen treffen können? Oder haben wir weggehört und uns darüber hinweggesetzt? Welche Folgen hatte dies?
Es ist ein kraftvoller Prozess der Selbsterkenntnis, der es ermöglicht, Klarheit über unsere Ziele und Prioritäten zu gewinnen, unser Selbstvertrauen zu stärken und eine positive Lebenseinstellung zu entwickeln. Es geht darum, sich selbst zu hinterfragen, die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und daraus wertvolle Erkenntnisse für das aktuelle und zukünftige Leben zu gewinnen. Negatives und Positives, Vergangenes und Zukünftiges, Empfangenes und Gegebenes wird einbezogen, um uns dem bisherigen Sinn unseres Lebens anzunähern.
Eine sinnzentrierte Autobiografie ist also nicht nur ein Schreibprojekt - es ist eine lebensverändernde Reise zu sich selbst. Es ist nie zu spät, diese faszinierende Reise anzutreten und die positiven Auswirkungen einer sinnzentrierten Autobiografie auf unser eigenes Leben zu erfahren. Die geführte Autobiografie nach Elisabeth Lukas ist in neun Kapitel unterteilt, die spezifischen Lebensphasen und -themen gewidmet sind:

Kapitel 1: Meine Eltern und Großeltern
Kapitel 2: Meine Kindheit und Vorschulzeit
Kapitel 3: Meine Schulzeit
Kapitel 4: Meine Erwachsenenzeit
Kapitel 5: Meine Gegenwart
Kapitel 6: Meine nähere Zukunft
Kapitel 7: Meine fernere Zukunft
Kapitel 8: Mein Sterben
Kapitel 9: Meine Spuren in dieser Welt.

Die Aufzeichnungen erfolgen in jeweils zwei gegenüberliegenden Spalten. Die linke Seite erfasst chronologisch und utopisch vergangene Ereignisse und Zukunftsvisionen, während die rechte Seite zur Selbstdistanz und Selbsttranszendenz anregt. Hier werden Fragen nach Bewertung, Lernmöglichkeiten, Sinnanrufe, Sinnspuren und zukünftigen Ziele gestellt. Eine solche Reflexion gibt Hinweise auf unsere Talente, wie wir sie bisher in der Welt eingesetzt haben und sie zukünftig einsetzen können, was uns im Leben erfüllt und glücklich macht. Das Bestreben dieser geführten Autobiografie ist die Verknüpfung der eigenen Lebensgeschichte mit dem transsubjektiven Sinn in den verschiedenen Etappen des Lebens, dem Erkennen bereits umgesetzter und noch zu realisierenden Sinnmöglichkeiten sowie die Unterstützung der eigenen Persönlichkeitsentwicklung.

© Frau Dr. Sibylle Meyer

Referentin:

Dr. Sibylle Meyer, ist Gründerin der WerteAkademie Berlin. Sie leitet die beiden Ausbildungen der Akademie zur originären Logotherapie und zur wertorientierten Persönlichkeitsentwicklung, einem logotherapeutischen Präventionskonzept. Mit ihrem Team führt sie Fortbildungen, Vorträge und Seminare durch und engagiert sich für die nationale und internationale Verbreitung der Logotherapie. Sie hat eine jahrzehntelange Erfahrung in der sozialwissenschaftlichen und empirischen Forschung, berät Institutionen sowie Bundes- und Landesministerien und ist Mitglied einer Expertenkommission der Bundesregierung. Mit ihren Klienten und Patienten arbeitet sie in eigener Praxis in Berlin und ist ebenfalls als Supervisorin tätig.